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Internet kapitalistisch Soziologie

Login um an ‘Klassenkampf im Internet’ teilzunehmen

choose new user­name: >class_war_kitteh< is tak­en already. ((Beitrag für die Kul­tur­risse. Zeitschrift für radikaldemokratis­che Kul­tur­poli­tik. Der wochen­lan­gen Migräne geschuldet bis in den post-dead­line Druck ver­schoben und dann knapp an halbbe­wusst her­an­re­ichend irgend­wie geschrieben. Was ziem­lich frus­tri­ert. Hab natür­lich nicht geschrieben, was ich seit April zu Schreiben die Kraft und Zeit zu find­en gehofft habe. Immer­hin weniger im Delir­i­um pro­duziert als eine Woche zuvor für den MALMOE Text. Ha! Did I put my frus­tra­tion in words already?))

Es scheint mir der heim­liche Klas­sik­er unter den MMOGs zu sein, den Mas­sive­ly Mul­ti­play­er Online Games: ‘Klassenkampf im Inter­net’. Klar, seit­dem es “das Inter­net” gibt, ist es so wie andere Schau­plätze auch Bühne für das was wir Klassenkampf nen­nen. So weit so banal, wieso auch sollte der grund­sät­zliche Antag­o­nis­mus hier aus­ge­set­zt sein.

In dieser SIM kämpf­st du in ein­er von vie­len möglichen Rollen um Macht im Inter­net. Übe Kri­tik an herrschen­den Ver­hält­nis­sen als Bürg­er, Men­schen­recht­sak­tivist oder Fem­i­nistin oder spiele eine der diversen Frak­tio­nen der herrschen­den Klasse. Bilde Net­zw­erke, beteilige dich am Kampf um Wis­sen, Rechte und Zugänge, bee­in­flusse das kom­mu­nika­tive Gedächt­nis und arbeite dich zum Gate-Keep­er des kul­turellen Gedächt­niss­es hin­auf. Ver­suche möglichst weite Teile der Infra­struk­tur unter deine Kon­trolle zu brin­gen, damit du die TOS zu deinen Gun­sten verän­dern kannst.”

So kön­nte die Wer­bung zum d/l der Soft­ware für diese kom­merziell erfol­gre­iche MMOG-SIM laut­en. Nur gibt es die SIM, das Sim­u­la­tion­sspiel nicht, welch­es ‘Klassenkampf im Inter­net’ zum expliziten The­ma machen würde.

Wir benen­nen die einzel­nen Kämpfe und Phänomene, kaum die Folie der grundle­gen­den Struk­tur. Copy­right wars, encryp­tion wars, right to access, dig­i­tal gap, info wars, kill switch­es, flame wars, indy­media, Vor­rats­daten­spe­icherung, print vs. online, Net­za­k­tivis­mus, wik­ileaks, tele­comix, anony­mous, dias­po­ra, Net­zneu­tral­ität, NSA, … benen­nen offen­sichtliche gesellschaftliche Kämpfe um Herrschaft und Aneig­nung ver­sus Selb­st­bes­tim­mung und gle­ich­berechtigte Teil­habe. Den­noch wird kaum expliz­it über den Klassenkampf im Inter­net gere­det, und fol­glich fließt diese ana­lytis­che Per­spek­tive (nach meinem Dafürhal­ten viel zu) wenig in gängige Debat­ten ein.

no opt-in, no opt-out throughout constant TOS change

Wir sind über die Fragestel­lung, ob “das Inter­net” nun Fluch oder Segen sei, weit­ge­hendst hin­aus. Die Zweifel, ob sich das durch­set­zen wird, sind seit eini­gen Jahren ver­s­tummt. Sei­ther dominiert ein Blick­winkel, der Risiken und Poten­tiale einzuschätzen ver­sucht. Die dichotome entwed­er-oder-Option, mit­machen oder ver­weigern, wird immer mehr als Illu­sion erkan­nt.

Mit oder ohne unser indi­vidu­elles Zutun kom­men zu unseren Iden­titäten weit­ere Schicht­en hinzu, die Dimen­sion der dig­i­tal­en Exis­tenz. Mit ihnen müssen wir uns spätestens dann auseinan­der­set­zen, wenn ihre Kon­struk­tion und Anrufung – sei es durch Unternehmen, Krankenkassen, Dien­st­ge­ber, Sicher­heit­sap­pa­rate oder Mit­men­schen – uns im All­t­ag zur Reak­tion, Antwort oder Kor­rek­tur zwingt. Selb­st ohne sicht­bare Kon­fronta­tion mit unseren dig­i­tal­en Exis­ten­zen, bee­in­flusst deren Kon­struk­tion und Eigen­leben in nur schein­bar virtuellen Wel­ten unsere Leben.

Was wir (noch) nicht mit­bekom­men, wird uns deswe­gen nicht nicht betr­e­f­fen. Soviel haben wir mit­bekom­men und der Ver­dacht sick­ert Jahr für Jahr tiefer. Die Enthül­lun­gen durch Edward Snow­den sind wed­er die erste Evi­denz noch wer­den sie der let­zte Anlass sein. Wir ler­nen kollek­tiv, dass wir die Dimen­sio­nen und Imp­lika­tio­nen des struk­turellen Wan­dels zur “dig­i­tal­en Gesellschaft” kaum begreifen kön­nen.

Kulturrisse Heft 3 2013
Kul­tur­risse Heft 3 2013

Wir sind zwangsläu­fig über­fordert. Der all­ge­gen­wär­tig wer­dende Ver­weis auf Algo­rith­men ist der gegen­wär­tige Ver­such, die unsicht­bare Macht zu verorten und Macht zu benen­nen. Das sich darin äußerende Unbe­ha­gen erzählt vom Bedürf­nis, nicht der­maßen regiert zu wer­den. So wie es etwa bei “Big Data”, nach Michel Fou­cault, wieder eigentlich um die Kun­st des Regierens geht, geht es bei den wider­ständi­gen Kämpfen “um das Inter­net” und in der Kri­tik darum, nicht der­maßen regiert zu wer­den. Stel­lvertre­tend für die Kri­tik sei hier auf Evge­ny Moro­zov ver­wiesen, dessen Arbeit durch dieses Leit­mo­tiv gekennze­ich­net ist.

Was es zu real­isieren, zu begreifen, zu analysieren gilt: “Das Inter­net” ist eine entschei­dende Bedin­gung für die Möglichkeit und den Wan­del des gegen­wär­ti­gen Kap­i­tal­is­mus, der gegen­wär­ti­gen Kul­turindus­trie, der gegen­wär­ti­gen Kon­trollge­sellschaft.

Opt-out ist keine Option, vielmehr müssen diese Bedin­gun­gen, die Wech­sel­wirkun­gen und Abhängigkeit­en, die Fol­gen und Inter­ven­tion­s­möglichkeit­en unter­sucht wer­den. War ein­mal die Eisen­bahn die Meta­pher für Geschwindigkeit und Druck von Verän­derun­gen, scheint mir heute die Datenüber­tra­gung im Glas­faserk­a­bel das passende Bild zu liefern: glob­ale Geld­ströme in Mil­lisekun­den trans­feriert, eine in die kollek­tive Real­ität aus­ge­broch­ene Sim­u­la­tion von Weltwirtschaft.

Soziologie des Internets anyone? #followerpower

Freilich ist “das Inter­net” nicht die alleinige, von anderen Fak­toren unab­hängige Ursache für Verän­derungs­druck. Men­sch denke nur an den anhal­tenden neolib­eralen Umbau der Gesellschaft, an die kap­i­tal­is­mus imma­nen­ten Wirtschaft­skrisen, an die Rebel­lio­nen und Wider­stands­be­we­gun­gen sowie den Aus­bau der staatlichen Repres­sion­sap­pa­rate.

Die Real­ität des Inter­net ist heute Bedin­gung für die Möglichkeit unseres Tur­bo-Kap­i­tal­is­mus, der Kul­turindus­trie, der Kon­trollge­sellschaft.

So wie wir nicht über “das Inter­net” los­gelöst von neolib­eraler Gou­verne­men­tal­ität, kap­i­tal­is­tis­ch­er Logik oder dem struk­turellen Wan­del des Medi­en­sys­tems reden kön­nen, kön­nen wir heute schlecht Gesellschaft all­ge­mein oder auch nur einzelne soziale Funk­tion­ssys­teme analysieren, ohne dabei “das Inter­net” mitzu­denken. Nun rei­he ich hier freilich abstrak­te Begriffe aneinan­der, für die es nicht im gle­ichen Maß ela­bori­erte The­o­riege­bäude und etablierte Prax­en der Kri­tik gibt. Zum Selb­sttest: Wie funk­tion­iert der Kap­i­tal­is­mus? Wie definieren wir Kon­trollge­sellschaft? Wie kön­nen wir Neolib­er­al­is­mus analysieren? Wie erfassen wir “das Inter­net”?

Für “das Inter­net” ist mir noch kein Ver­such eines Entwurfs ein­er “Sozi­olo­gie des Inter­nets” bekan­nt, wie Loïc Wac­quant das in den let­zten Jahren mit “dem Neolib­er­al­is­mus” ange­gan­gen ist. Das ist erstens nicht ver­wun­der­lich und zweit­ens ein biss­chen ein Äpfel und Bir­nen Ver­gle­ich. Er sollte aber deut­lich machen, wie sehr es uns an ana­lytis­chem Werkzeug man­gelt, den Ein­fluss “des Inter­nets” auf soziale Sys­teme, auf Organ­i­sa­tion, auf die Repro­duk­tion der Pro­duk­tions­be­din­gun­gen, auf For­men der Verge­sellschaf­tun­gen zu benen­nen, zu bemessen, zu ver­ste­hen.

Dann ist “das Inter­net” auch noch gle­ichzeit­ig Ursache, Mit­tel und Gegen­stand von Verän­derungs­druck. Und um meine Con­clu­sio vor­wegzunehmen, es ist nicht allein Bühne son­dern auch Objekt des Klassenkampfs. So wie tech­nol­o­gis­che Entwick­lun­gen in der Men­schheits­geschichte immer wieder, evoziert und erzwingt es

  1. Mod­i­fika­tio­nen sozialer Organ­i­sa­tions­for­men,
  2. struk­turellen Wan­del in beste­hen­den sowie
  3. die Emer­genz neuer Organ­i­sa­tions­for­men und
  4. gesamt­ge­sellschaftlichen sozialen Wan­del.

Damit bekommt es zwin­gend die Aufmerk­samkeit, die ein­er der­art mächti­gen Appa­ratur gebührt. Wer gesellschaftliche Ver­fü­gungs­ge­walt über “das Inter­net” hat, hat die besseren Karten, Rich­tung und Aus­maß des Verän­derungs­drucks bee­in­flussen oder gün­sti­gen Falls bes­tim­men zu kön­nen.

Willkom­men also im Kampf um möglichst viel Ver­fü­gungs­ge­walt über “das Inter­net”. Das heißt, um Zugang zum und um Teil­habe am “Inter­net”, vor allem heißt das aber, willkom­men im Kampf darum, was “das Inter­net” ist und sei, im Kampf um die Architek­tur, die Reg­ulierung, die Eigen­schaften, die Funk­tio­nen.

Worum wir kämpfen im Klassenkampf um das Internet

Gerun­gen wird auf vie­len Ebe­nen. “Das Inter­net” ist kom­plex, schw­er zu er_fassen, und solange wir uns nicht auf eine Sozi­olo­gie des Inter­nets stützen kön­nen, die grundle­gen­der Kri­tik stand­hält, am besten in Anführungsze­ichen zu schreiben. Es ste­ht zu befürcht­en, dass die Aufzäh­lung der Kämpfe und Ebe­nen uns nicht viel weit­er­hil­ft. Ich schlage daher an Stelle der all­ge­meinen Rede vom “Inter­net” vor, vier kon­sti­tu­tive Aspek­te, Eigen­schaften und Funk­tio­nen zu unter­schei­den. Das Inter­net ist das alles gle­ichzeit­ig:

  • Über­tra­gungsmedi­um,
  • Ressource und Infra­struk­tur,
  • Kom­mu­nika­tion­s­medi­um und
  • Spe­icher­medi­um.

Jed­er dieser Aspek­te ist umkämpft. Für die herrschende Klasse ist die Beherrschung aller vier Eigen­schaften Bedin­gung für Macher­halt und ‑aus­bau und so kön­nen wir über­all die Bestre­bun­gen sehen, diese Funk­tio­nen reg­ulieren, beschränken und aus­beuten zu kön­nen. Sog­ar den Aus­tausch von Eliten, Machtver­schiebun­gen und Kämpfe inner­halb der herrschen­den Klasse kön­nen wir vor diesem Hin­ter­grund einiger­maßen logisch nachze­ich­nen sowie antizip­ieren. Dazu genügt der Blick darauf, wer sich die Kon­trolle über diese Funk­tio­nen aneignen kon­nte. Allerd­ings ist Kon­trolle nicht so ein­fach zu gewin­nen und erhal­ten.

Betra­cht­en wir “das Inter­net” mit der Meta­pher der Stadt, müssten wir eher an wild wuch­ernde Megac­i­ties wie Istan­bul, Mexiko-City oder Mum­bai in Phasen der Bevölkerung­sex­plo­sion denken als an eine gebändigte Stadt wie Wien. Geregelte und ungeregelte Verkehrsströme wird es hier wie da geben, eben­so wildes Bauen, Speku­la­tion, Aneig­nung und Ver­drän­gung, Gat­ed Com­mu­ni­ties und Freiräume, ver­schiedene Nutzungsarten und Ökonomien, Sprachen und Milieus, Grup­pen und Net­zw­erke. Das Ver­hält­nis von durchge­set­zter Zen­tral­ge­walt und strikt geregel­ten Bere­ichen gegenüber diversen het­ero­ge­nen und umkämpften sowie selb­stor­gan­isierten Herrschafts­bere­ichen kön­nte unter­schiedlich­er nicht sein.

So wie die explodierende Megac­i­ty von ein­er Zen­tral­ge­walt nicht ein­fach und schon gar nicht schnell bis in die Details der Nutzung von Wegen, Bebau­ung, Raum­nutzung hinein regiert wer­den kann, so wenig kann “das Inter­net” und die Nutzung des­sel­ben — heute schon — schnell, ein­fach und zen­tral regiert wer­den.

Aber hier wie da gilt, dass die Architek­tur und Organ­i­sa­tion der Stadt wie die des Inter­nets wan­delt. Das eine wie das andere ist ständi­gen wenn auch nicht kon­tinuier­lichen Trans­for­ma­tio­nen unter­wor­fen. Alle gesellschaftlichen Grup­pen wer­den hier wie da ver­suchen, ihre Organ­i­sa­tions­for­men zu erhal­ten, ihren Begriff von Stadt beziehungsweise von Inter­net durchzuset­zen. Hier wie da wird die Form der Trans­for­ma­tio­nen nicht durch gle­ich­berechtigte Ausver­hand­lung der Inter­essen son­dern durch asym­metrische Machtver­hält­nisse bes­timmt.

Das Inter­net” hat in der kurzen Zeit sein­er Entwick­lung deut­lich illus­tri­ert, dass es herrschen­den Eliten gefährlich wer­den kann, wenn diese es nicht gemäß ihrer Inter­essen umfor­men kön­nen. Dementsprechend haben wir es mit mehr als nur mit ein­er fortschre­i­t­en­den Inte­gra­tion “des Inter­nets” unter herrschende Struk­tur­logiken zu tun: des Kap­i­tal­is­mus, des Patri­ar­chats.

Wir erleben einen Back­lash, den Ver­such des Umbaus “des Inter­nets” zu etwas anderem. Das freilich ist ein langfristiger Prozess mit unbes­timmten Aus­gang. Über die Struk­tur­logik sollte kein Zweifel beste­hen. Es geht um die Kon­trolle der Pro­duk­tivkräfte und Pro­duk­tions­be­din­gun­gen.

 

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ein trfflchr kommentar von rainer nowak?

Ja eh, das leben bietet viele über­raschun­gen. Also warum nicht diese?

Der anlass, den “tre­f­flichen kom­men­tar” zu lesen, der mir des nach­mit­tags allen­thal­ben in der twit­ter-time­line nahe gelegt wurde, aus­ge­hend von Wal­ter Gröbchen und einige male retweet­ed, der anlass war let­ztlich ein face­book-ein­trag von Michel Rei­mon. Der ver­weist auch auf den Nowakschen kom­men­tar und wieder auf Wal­ter Gröbchen als quelle , und weil des Michels ref­erenz für mich ein qual­itätsmerk­mal ist, les ich jet­zt halt wieder mal Nowak. Nein, wie der ein­leitung wohl zu ent­nehmen, mach ich das nicht oft und schon gar nicht in der erwartung ein­er gewinnbrin­gen­den lek­türe.

touché. Ich bin kein DiePresse fan­boy.
Einge­s­tanden.

next:

Bildschirmfoto 2010-07-17 um 21.56.50

dh. eigentlich über­springe ich da zwis­chen­schritte:

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Was bringt die Partnerschaft mit DiePresse für #unsereuni?

In diesen Stun­den bekommt diepresse.com wieder eine erkleck­liche Anzahl an Klicks geschenkt. Weil es schein­bar gilt, eine “Abstim­mung” zu Gun­sten der Uniproteste zu bee­in­flussen.

Die Tage davor haben die der katholis­chen Kirche ((Die ‘Styr­ia Medi­en AG’  gehört dem ‘Katholis­chen Medi­en Vere­in’, dieser wiederum der ‘Katholis­ch­er Medi­en Vere­in Pri­vat­s­tiftung’ und die dem Vernehmen nach der “Katholis­chen Kirche in der Steier­mark”, der Diözese Graz-Seck­au.)) gehörende DiePresse und ihr Chefredak­teur­pop­sternchen wieder viel Aufmerk­samkeit und Erwäh­nun­gen in ua. der Blo­gosphäre gener­ieren kön­nen.
Warum? Weil der Chefredak­teur mit dem rebel­lis­chen Schick die freilich erwart­bare Lin­ie des kon­ser­v­a­tiv­en Blatts – wie bei ihm üblich – in schein­bar dif­feren­zierten und fast irgend­wie wohl gesonnenen Hum­bug ver­packt?

Ich frage mich ern­sthaft, ob es für #unsere­uni sin­nvoll ist, die “Diskur­sange­bote” von DiePresse anzunehmen?