Kategorien
g|o imagGemeinschaften kulturelles Gedächtnis medienkritik video Visualisierung

Baharestan Platz, Teheran

Das Tian’anmen-Massaker liegt 20 Jahre zurück, zwei Jahrzehnte und ein paar Tage. Eine Gen­er­a­tion. Ein­mal Mündigkeit, Abschluss der Schul­bil­dung, Wehrpflicht. Ein­mal, in vie­len Welt­ge­gen­den immer noch die Regel, vor nicht allzu­vie­len Jahrzehn­ten sowieso selb­stver­ständlich: ein­mal von Geburt bis zur Eltern­schaft.
Die Bilder von Tian’anmen sind nicht vergessen.
Sick­ert jet­zt die Gewißheit ein, dass es sich ger­ade wieder­holt hat? ((ein Nach­trag: siehe dazu, dh. dazu, was am Fol­ge­tag als halb­wegs über­prüf­bar ver­i­fiziert wer­den kon­nte die Analyse von Nite­Owl.))

Im Juni 1989 war ich 17, übergewichtig, Außen­seit­er in der Sportk­lasse, wenig­stens nicht mehr so im Eck, dass ich die Arschkarte gehabt hätte; aber halt Einzel­gänger, unan­genehm bele­sen, freilich null Ahnung in Pop­kul­tur, pein­lich gewan­det, aber Haupt­sache mit ein wenig Weltlit­er­atur ver­traut, den Anderen ein Hor­ror im Stadt-Land-Spiel, wenn s hoch kommt 3x mal nem Mädel selb­st zusam­men gestellte Musikkas­set­ten geschenkt, ern­sthaft geglaubt, Hip­pies waren intel­li­gente philosophis­che Rebellen, meinen Vater ver­achtet, meine Mut­ter gehaßt und nicht gemerkt, dass ich sie verehre und es uner­widerte Liebe war, in Glob­algeschichte weit über die eurozen­tris­tis­che Schrei­bung hin­aus bewan­dert und die Gym­nasiallehrerIn­nen für fast jedes Fach außer Deutsch und Physik aus­lachend.
Den Weltschmerz hat­te ich schon seit eini­gen Jahren jongliert, und in der Hal­tung des Kapitäns von Siegfried Lenz’ Feuer­schiff hat­te ich eine Posi­tion gefun­den. Dass über­all auf dem Plan­eten Men­schen unter­drückt, gequält und ermordet wur­den, näm­lich laufend, das war mir bewusst. Und laufend hieß, näm­lich auch unab­hängig von ger­ade aktuellen, aber in mein­er Jugend (und mein­er Erin­nerung) sowieso fast alltäglichen Bilder und Bericht­en von Putschen und Kon­ter­putschen in Afri­ka oder Lateinameri­ka.

Kategorien
g|o kulturelles Gedächtnis politisch prekär SoZi Soziologie

SoZi 25|09: Aberkennung der Menschenwürde

Let­zte Woche aus­ge­fall­en, diese Woche ohne weit­ere Ein­leitung, das Son­ntagsz­i­tat (SoZi) der Woche.
Dies benötigt freilich keine beson­dere Ein­leitung des Warum, Wer, Wieso ger­ade jet­zt

Dehu­man­isierende Def­i­n­i­tio­nen des Fein­des sind nichts Neues in der Men­schheits­geschichte und schw­er­lich ein eigen­tüm­lich­es Merk­mal der mod­er­nen Zeit. Sie haben die meis­ten Kriege begleit­et, vielle­icht jeden Krieg. Während der Schlacht waren sie wahrschein­lich unverzicht­bar. Der Sol­dat mußte seine Aver­sion zu töten und zu ver­stüm­meln unter­drück­en, wenn er nicht selb­st getötet oder ver­stüm­melt wer­den wollte. [..]

Die alte Tra­di­tion, den Feind in der Schlacht zu dehu­man­isieren, die das Aufkom­men der mod­er­nen Zeit sichtlich intakt über­lebt hat, ist gle­ich­wohl, wie alles übrige, durch die mod­erne Organ­i­sa­tion und Tech­nolo­gie gründlich rev­o­lu­tion­iert wor­den. Der Wettstre­it indi­vidu­eller Fähigkeit­en in der Schlacht .. wurde durch eine Massen­ver­nich­tung aus der Ferne erset­zt. [..] Mod­erne Waf­fen erfordern eine voll­ständi­ge Aus­löschung der moralis­chen Iden­tität ihrer Opfer, bevor sie deren Kör­p­er ver­nicht­en.

Kategorien
g|o politisch

Fekter: Hinterfotzigkeit im Namen des Staates

Am Mittwoch, 10. Juni find­et eine Pressekon­ferenz der BMI Fek­ter statt. (Ja, diese Fek­ter.)

Die PK ist kurzfristig ange­set­zt und noch dazu für einen selt­samen Zeit­punkt: 18.00 Uhr. Schnell informierte Jour­nal­istIn­nen zweifeln. Hek­tis­che Tele­fonate, ist das sich­er? Um 18.00 ist der Redak­tion­ss­chluss der Zeitun­gen vor­bei. Der näch­ste Tag ist ein Feiertag. Im Inter­net ist nichts zu find­en.

Allerd­ings, es soll um nicht weniger als die Präsen­ta­tion des Entwurfs des neuen Asyl- bzw. Frem­den­rechts­ge­set­zes gehen. Die Min­is­terin präsen­tiert so eine heik­le Materie also kurzfristig, fast heim­lich um 18:00 vor einem Feiertag?

Skan­dalöse Pseu­do-Pressekon­ferenz
Vor dem Innen­min­is­terum ist es ungewöhn­lich still. Wo sind die Massen an Jour­nal­istIn­nen, die son­st rei­hen­weise zu ein­er solchen Ver­anstal­tung strö­men?

Beim Ein­gang gibt es dann eine Über­raschung. Der Porti­er, küm­mert sich dies­mal nicht um die Presseausweise der Jour­nal­istIn­nen, son­dern vielmehr um die Namen. Er geht eine Liste durch. Wer nicht darauf ste­ht, wird zurück­gewiesen.
Also, kein Zutritt, keine Fotos und keine Presse­un­ter­la­gen für jene Jour­nal­istIn­nen, die nicht geladen wur­den. Es gibt keinen Ver­hand­lungsspiel­raum, Inter­ven­tio­nen bei Zeitun­gen und Parteibüros helfen nichts.