Kategorien
g|o instruktiv kapitalistisch medienkritik politisch Soziologie

Kopfschütteln über Michael Csoklich

Damn it Janet, dieser Aus­fall und Aus­rutsch­er des ORF Wirtschaft­sjour­nal­is­ten Michael Csok­lich ist schon wieder eine Woche her. Aber gut, wenig­stens kann mir kein Rin­gen um Tage­sak­tu­al­ität vorge­wor­fen wer­den.
Able­gen und archivieren muss ich das jet­zt den­noch hier im Keller­a­bteil, wenn auch knappest und ohne in der Bre­ite und Tiefe auf darauf einzuge­hen. Aber der Rei­he nach, worum geht es.

Vor gut ein­er Woche wird in Oberöster­re­ich ein geplanter Börsegang abge­sagt. An die Börse gebracht wer­den sollte nach dem Willen der im Lande regieren­den VP die lan­de­seigene Energie AG Oberöster­re­ich.
Am 9.1., einen Monat vor dem anvisierten Ter­min für den Börsegang, sagt Lan­deshaupt­mann Pühringer diesen Teil­börsegang ganz ab.

Im darauf­fol­gen­den Ö1 Mit­tagsjour­nal des 10.1.: eine Tirade von Michael Csok­lich, wie pein­lich das nicht alles ist, wie pop­ulis­tisch, wie schlimm. Der Wirtschaft­sredak­teur bringt eine Tour de Force, in angenehmer ruhiger Radios­timme vor­ge­tra­gen, mit einem leicht res­ig­na­tiv wein­er­lichem Ton, ver­nich­t­end und her­ablassend präpo­tent. Anklageschrift, Vertei­di­gungsver­such und Verurteilung, alles in Einem und abge­han­delt in 3 Minuten.

Kopf­schüt­teln über Oberöster­re­ich,
nen­nt der Leit­er des Wirtschaft­sres­sorts in der ORF-Radio-Infor­ma­tion seinen Beitrag. Nun ja, selb­st nach­schauen, anhören (im Beitrag oben ‘AUDIO’ anklick­en), ein Bild machen.
Übri­gens, Beitrag? Nie und nim­mer. Es han­delt sich um keinen Beitrag, keinen Bericht, keine Infor­ma­tion, keine der “objek­tive” jour­nal­is­tis­chen Textsorten. Ein Kom­men­tar?
Ich habe das ganze Mit­tagsjour­nal gle­ich aufgenom­men, die Tirade des Wirtschaft­sredak­teurs wird als Analyse angekündigt. Genau.

Die Ana­lytik eines belei­digten Ökon­o­mis­ten
Titel sug­geriert Ein­deutigkeit, wertet ab, traut sich nicht den Adres­sat­en der Kri­tik zu nen­nen, spricht das Urteil über ein ganzes Land. Klar, im Hin­ter­grund dräut damit gle­ich die War­nung, die da Stan­dortwet­tbe­werb heißt.
Blödes du, selb­st schuld, du woll­test ja nicht hören. Der Csok­lich hat’s dir gesagt. Ein­hel­liges Kopf­schüt­teln allerorts. Mhm.
Wie?
Alle möglichen Leute haben sich gefreut? ATTAC hat gejubelt? Das Unternehmen kann gut damit leben?

Der Schuldige wird im ersten Satz aus­gemacht. Abge­blasen hat er. Ein schönes Verb, wenn mitschwin­gen soll: vergebene Chance und Weichei. Das ist ganz klar, der Schuldige ist jet­zt ein begossen­er Pudel. Begossene Pudel, das heißt ja selb­st-schuld, selb­st-einge­brockt und Bild eines Jam­mer­lap­pens, die Schuld ste­ht dem Pudel ins Gesicht, in den Kör­p­er eingeschrieben.
Halt!, das hat nicht der Csok­lich gesagt, der Bach­may­er hat das gesagt. (Vl. in einem anderen Zusam­men­hang aber was soll’s.)
Der Csok­lich hat nur den Satz ein bißchen gegen die übliche Form umge­baut. Nor­maler­weise hieße es im Qual­ität­sjour­nal­is­mus des Ö1 Infora­dio:

Mei­n­ungs­forsch­er Wolf­gang Bach­may­er analysiert, der Lan­deshaupt­mann ste­ht in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit jet­zt ein wenig wie ein begossen­er Pudel da.

Csok­lich bringt’s halt nur ein bißchen pointiert­er. Aber die Analyse kommt erst richtig in die Gänge. Das waren erst Titel und Ein­leitungssatz, die Basis, der Rah­men, die Stim­mungseröff­nung. Jet­zt geht es los:

Kar­pow vs. Kas­parow auf oberöster­re­ichisch!

Doch für Pühringer war es wohl der einzige Ausweg aus der Dop­pelmüh­le seines Kon­tra­hen­ten Erich Haider (SPÖ). Dieser näm­lich zog alle Reg­is­ter des Pop­ulis­mus und mit diesen gegen den geplanten Börsegang der Energie AG ins Feld.

Gibt’s denn so was? Der arme Pühringer, der gefinkelte Haider, eine Dop­pelmüh­le und alle Reg­is­ter des Pop­ulis­mus. Mir scheint, da ist uns einiges ent­gan­gen in den oberöster­re­ichis­chen Lan­den, das klingt ja su-per-span-nend!
Kar­pow gegen Kas­parow auf höch­stem spielerischen und tak­tis­chen Niveau; samt der oblig­a­torischen psy­chol­o­gis­chen Kriegs­führung in so einem Mon­s­ter­du­ell. Wobei mit Pop­ulis­mus …, gilt das?

Csok­lich find­et, das gilt nicht. Erich Haider sam­melte 91.000 Unter­schriften (er allein?) und wollte eine Volks­be­fra­gung. Darüber, dass das Volk befragt wer­den sollte, darüber hat Erich Haider (SPÖ) gar gejubelt, berichtet Csok­lich. Gejubelt! Über eine Volks­be­fra­gung, die nach dem geplanten Börsegangter­min stattge­fun­den hätte. Dieser #$§&%##!, bin ich ver­sucht auszu­rufen. Jubelt über 91.000 Unter­schriften und eine Volks­be­fra­gung.
Wie?
Oh, das sind die Eigen­tümer der Energie AG, die Bevölkerung. Ach so. Die soll­ten befragt wer­den? Schweinerei.
Wie?
Börsen­gänge von Volk­seigen­tum schon des öfteren daneben gegan­gen? Wirtschaftlich nicht sin­nvoll und riskant? Pop­ulis­mus!!

Nicht zufäl­lig beze­ich­net die Presse Haider als Pop­ulist und Ner­ven­säge.

Na das sitzt. Die pseudoun­ab­hängige ‘Die Presse’. Eine Autorität, Herr Csok­lich?

Was bleibt, ist ein jour­nal­is­tis­ches Desaster

  1. Der Redak­teur nen­nt einen Deal, wo es ger­ade keinen Deal mehr gibt.
  2. Er trauert dem Börsen­gang nach und gibt die Posi­tion ‘Pri­vatisierung gut, öffentliche Hand schlecht’ als einzig vernün­ftige Wahrheit aus. Nicht der Hauch von objek­tiv­er Unab­hängigkeit, wie es dem öffentlich-rechtlichen an stünde.
  3. Er ignori­ert damit nicht nur andere Sichtweisen, wis­senschaftliche Exper­tise, jede Menge wider­sprechende Evi­denz son­dern last but not least den demokratis­chen Entscheid und Willen des Eigen­tümers. Er stellt – um es auf den Punkt zu brin­gen – die neolib­erale und ökon­o­mistis­che Ide­olo­gie wieder mal über die Sou­veränität der Bürg­erIn­nen und über die Demokratie.
  4. Er sug­geriert, dass eine Bank – die Raif­feisen Lan­des­bank Oberöster­re­ich – Pühringer und die ÖVP ein­fach so mal ret­tet, weil der ja ungeschick­ter weise in ein Damengam­bit oder eine Dop­pelmüh­le ger­at­en ist.
    Genau, weil Banken die Großherzigkeit in Organ­i­sa­tion sind.
  5. Er sug­geriert damit gle­ichzeit­ig, dass der Verkauf von Anteilen an z.B. die Raif­feisen Lan­des­bank Oberöster­re­ich, was im übri­gen von vie­len Seit­en genau­so kri­tisiert und bekämpft wird, nichts mit ein­er Pri­vatisierung zu tun hätte.
    Näm­lich gar nichts. Mhm. ((Es gibt da im übri­gen auch keinen Zusam­men­hang what so ever zwis­chen Raif­feisen und der ‘Die Presse’, genau­so wenig wie es einen zwis­chen dem Stan­dard, der Presse und der Banken- und Finanzwelt all­ge­mein gibt. Gar keinen. Genau, nicht den ger­ing­sten, Baron Münch­hausen.))
  6. Er qual­i­fiziert das ganze zu einem ‘wirtschaftlichen Dis­as­ter’. Ohne weit­ere Erk­lärung. Außer men­sch nimmt die neolib­erale Lehre als Indiz und fol­gert, Csok­lich gehört dieser Kirche an, glaubt so innig, dass ihn auch nicht in die Lehre passende Evi­den­zen nicht stören, ist so in der Kirche einge­bet­tet, dass seine Loy­al­itäten dort liegen müssen, noch vor seinem Auf­trag als Redak­teur des öffentlich-rechtlichen Infora­dios.
  7. Er behauptet, dass die oper­a­tive Führung des Unternehmens Energie AG sich über­fahren fühlt. Sich über­fahren fühlt. (Sowieso eine selt­same Beurteilungskat­e­gorie. Ja was denn, wenn die zuvorder­ste strate­gis­che Führung, wenn die Eigen­tümer etwas vorgibt, dann ist die oper­a­tive Führung dazu da, das um zu set­zen. Seit wann ist das eine Kat­e­gorie, wie andere sich dabei fühlen? Wie fühlt sich die Belegschaft?)
    Die Unternehmensführung hat zwar ver­meldet, sie habe damit kein Prob­lem, aber Michael Csok­lich weiß offen­sichtlich mehr. Oder er weiß es bess­er. Allerd­ings gibt er keine weit­eren Infor­ma­tio­nen preis.
    Hat er mit Per­so­n­en aus dem oberen Man­age­ment Inter­views geführt? Hat er’s in seinem Urin gespürt? Wer weiß es?
  8. Csok­lich weiß! Csok­lich weiß:

there is no alter­na­tiv
TINA!, hat­te schon Mar­garete Thatch­er immer wieder­holt.

Denn ein Börsegang hätte das Unternehmen effizien­ter, schlanker und trans­par­enter gemacht.

Kann er in die Zukun­ft sehen? Ist er der aus­ge­suchte Ken­ner des Unternehmens Energie AG Oberöster­re­ich schlechthin? Hat­te er Insid­er­in­for­ma­tio­nen von der Börse?
Oder hat er ein­fach nur diesen Satz nachge­plap­pert und vari­iert, diesen Satz, der seit den 80iger Jahren über­all promi­nent verkauft wird und der weit­er geplap­pert wird, weil er sich auszahlt, nicht weil er wahr wäre oder sich als wahr erwiesen hätte.

Da müsste Michael Csok­lich nur seinen eige­nen Sender hören und manchen der her­vor­ra­gen­den Fea­tures ein wenig fol­gen, um zu wis­sen, wie dümm­lich die behauptete Evi­denz ist, wie dümm­lich und falsch das sprach­lich-visu­al­isierende Bild von der Schlankheit und der Trans­parenz.

Er ist noch nicht fer­tig. Ich auch nicht.

Der Schlusssatz
Ich überge­he, dass Csok­lich doch noch Evi­den­zen aufzählt (das Wort hab ich noch ein­mal unter­brin­gen müssen. Reko­rd, vier­mal in einem Beitrag ;-)!). Das wäre noch mal eine eigene Debat­te wert, diese Äpfel und Bir­nen “Zer­mantsche”.
Der Schlusssatz:

Und beze­ich­nend, dass es wieder die Poli­tik ist, die an den Äng­sten der Bevölkerung, mit denen sie Poli­tik macht, einen erhe­blichen Anteil hat.

Schlusssatz und Höhep­unkt! Da steckt drin­nen: dumme manip­ulier­bare Bevölkerung. Da steckt drin­nen: die böse gefährliche Poli­tik, hier jet­zt Kar­pow und Kas­parow in ein­er Ein­heit vere­int. Da steckt drin­nen: die Welt wäre eine bessere, wenn die Poli­tik nicht wäre und alles nur Wirtschaft. ((Hal­lo Ökonomis­mus, hal­lo Idi­otie!! … klas­sisch griechis­ch­er Wortsinn; der Idiot ist der, der nicht am poli­tis­chen Leben teil­nimmt.))
Da steckt drin­nen: ich weiß es bess­er, ich steh’ über diesen Dep­pen und der Bevölkerung, der Poli­tik, den Pop­ulis­ten. Vielle­icht steckt da auch drin­nen: habt ihr gese­hen wie ich das mache und alle Reg­is­ter hege­mo­ni­aler Sprachregelung ziehe? ((Ich habe wieder eine Ausze­ich­nung ver­di­ent, einen von ein­er Bank gespon­serten Preis. Ich weiß, was ich zu tun habe.))

Jeden­falls steckt da die Real­ität nicht drin­nen: die ständi­ge absurde Angst­macherei der Wirtschaft­seliten, der Pop­ulis­mus der Inter­essensvertreter der Indus­trie und des Finanzkap­i­tals.
Das: das kön­nte unseren Auf­schwung gefährden.
Das: das kön­nte Arbeit­splätze kosten.
Das: das kön­nen wir uns nicht leis­ten.
… etc. …
(Siehe u.a. die Liste ähn­lich­er Ein­träge unten.)
Das steckt nicht drin­nen. Das ist genau wieder diese Schiene.

ORF Kun­den­di­enst
Tel: (01) 870 70–30
(täglich von 8.00 bis 24.00 Uhr)

Email: kundendienst@orf.at

just in case …

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.