Am Mittwoch, 10. Juni findet eine Pressekonferenz der BMI Fekter statt. (Ja, diese Fekter.)
Die PK ist kurzfristig angesetzt und noch dazu für einen seltsamen Zeitpunkt: 18.00 Uhr. Schnell informierte JournalistInnen zweifeln. Hektische Telefonate, ist das sicher? Um 18.00 ist der Redaktionsschluss der Zeitungen vorbei. Der nächste Tag ist ein Feiertag. Im Internet ist nichts zu finden.
Allerdings, es soll um nicht weniger als die Präsentation des Entwurfs des neuen Asyl- bzw. Fremdenrechtsgesetzes gehen. Die Ministerin präsentiert so eine heikle Materie also kurzfristig, fast heimlich um 18:00 vor einem Feiertag?
Skandalöse Pseudo-Pressekonferenz
Vor dem Innenministerum ist es ungewöhnlich still. Wo sind die Massen an JournalistInnen, die sonst reihenweise zu einer solchen Veranstaltung strömen?
Beim Eingang gibt es dann eine Überraschung. Der Portier, kümmert sich diesmal nicht um die Presseausweise der JournalistInnen, sondern vielmehr um die Namen. Er geht eine Liste durch. Wer nicht darauf steht, wird zurückgewiesen.
Also, kein Zutritt, keine Fotos und keine Presseunterlagen für jene JournalistInnen, die nicht geladen wurden. Es gibt keinen Verhandlungsspielraum, Interventionen bei Zeitungen und Parteibüros helfen nichts.
Die Pressekonferenz eines Mitglieds der Bundesregierung dieses Staats, die Pressekonferenz der österreichischen Bundesinnenministerin zu einem wichtigen die Allgemeinheit beschäftigenden Gesetz, sie ist tatsächlich eine geschlossene Veranstaltung.
Spätestens jetzt wird klar, warum die PK so kurzfristig angesetzt ist, entgegen allen Regeln nirgends im Internet angekündigt war, um diese seltsame Zeit nach Redaktionsschluss und vor einem Feiertag stattfinden muss. Man will nur ausgewählte JournalistInnen. Die mediale Öffentlichkeit soll präpariert werden, die umfangreichen Unterlagen zu der Pressekonferenz und zum Entwurf eines Bundesgesetzes sollen möglichst lange vor der Summe der JournalistInnen zurückgehalten werden, so dass die willfährigen einen Vorsprung erhalten und die Stimmung für die Ministerin aufbereiten können.
Die Hinterfotzigkeit ist Maria Fekter
Der Höhepunkt der Chuzpe ist damit aber noch gar nicht erreicht. Aus dem Skandälchen ((Wir haben uns an dieses Social Engeneering von Seiten der Regierenden ja schon gewöhnt, oder? Wen überrascht ein solches Vorgehen noch, zumal bei dieser ÖVP, zumal im Innenministerium?)) wird noch ein Skandal. Und es zeigt sich noch klarer, dass die unübliche und für ein Staatsorgan indiskutable Vorgangsweise genau geplant war. Es zeigt sich genau, warum das Innenministerium nur geladenen JournalistInnen die Informationen in die Hand gibt und andere sogar aussperrt.
Zuerst kommen am Donnerstag, Fronleichnahm, tröpfeln die ersten kritischen Presseaussendungen und Stimmen zum Entwurf der Frau Minister ein. Am Freitag, dem Fenstertag, hagelt es dann Kritik von Seiten der NGO’s. (Sicherlich haben es die einen oder anderen schon geschafft, das 200 Seiten Konvolut, das auf der PK nur “ausgesucht” und beschränkt weitergegeben wurde, über irgendwelche Kanäle und durch aufwändiges Telefonieren und Organisieren zu beschaffen.)
Spät, aber doch meldet sich am Freitag um 20:49 die Innenministerin in einer Presseaussendung zu Wort; und zwar unter dem Titel “Offener Brief der Innenministerin Maria Fekter zur Fremdenrechtsnovelle”. ((Ein “Offener Brief”, allein schon Chuzpe galore, wenn von einem Regierungsmitglied im Zuge ihrer eigentlichen Tätigkeit als dämliche Überschrift gewählt. Dieses Versteckspiel und dieser Pathos wird aber leider immer mehr und überall zum üblichen Manipulationsmittel der medialen Öffentlichkeit.))
Was vermeldet nun die Bundesministerin in einem “öffentlichen Brief” kurz vor Wochenende? Sie wendet sich an die bösen JournalistInnen:
Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrte Mitglieder der Redaktionen!
… und dass sollen die Damen und Herren JournalistInnen auch gefälligst so an das Volk weitergeben!
Und die Damen und Herren JournalistInnen sollen nicht auf NGO’s und ExpertInnen hören. Man wisse nämlich, dass die den Entwurf und die Presseunterlagen ja noch gar nicht in Händen halten können:
Taktische Spielchen um den Menschenrechtsbeirat auszustechen
Das Tarnen und Täuschen soll jedoch einem weiteren, unschönen Zweck dienen; und offensichtlich ist das der eigentliche. Bereits länger gepant und abzusehen soll nämlich am Dienstag dem 16. Juni eine Pressekonferenz des Menschenrechtsbeirats (MRB) im Innenministerium stattfinden. Das passt der Ministerin und ihrem Kabinett freilich gar nicht, gehören diesem doch diese Nerv tötenden unbelehrbaren und aus einem unerfindlichen Grund kritischen ExpertInnen an.
Im Angesicht dieses anstehenden Termins, zu dem solche Personen des MRB wie der UN-Sonderbeauftragte über Folter oder bekannte Rechtsanwalt Georg Bürstmayr und ein Ersatzmitglied der Venedigkommission des Europarates anlässlich des 10jährigen Bestehens des MRB eine Bilanz ziehen werden, im Angesicht eines solchen Termins dachte sich das menschenrechtsferne Kabinett wohl, wir müssen diese Menschenrechtsfuzzis vor vollendete Tatsachen stellen.
Was sollte bei der PK des Menschenrechtsbeirats erörtert werden?
Nun, das kann die Schottermitzi natürlich nicht wollen. Mit ihren neuen, zuerst an ihr wohlgefällige Medienvertreter verteilten Entwürfen stellt das BMI den Menschenrechtsbeirat vor vollendete Tatsachen und lenkt die Diskussion vor Ort bei der PK des MRB in eine andere Richting als dieser wohl geplant hatte.
Das alles erinnert manche hinter den Kulissen frappant an die Taktik, die das BMI schon einmal in der Materie Fremden- und Asylgesetze angewandt hat. Damals hatte das Pressechor der BMI die kurzfristig angesetzte eigene PK allerdings noch ordnungsgemäß über die APA und die eigene Homepage angekündigt.
Diesen “taktischen Schnitzer” hat das Kabinett Fekter diesmal nicht mehr gemacht. Mensch ist ja lernfähig im Manipulieren der Öffentlichkeit.
So sehr diese Provokation namens Fekter nur eine logische Konsequenz ihrer VorgängerInnen ist, so sehr mensch sich an diese Hinterfotzigkeit im Namen des Staates schon gewöhnt hat, diese Frau ist rücktrittsreif und ein Affront für unser Land, die Republik, unsere Demokratie.
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Anhang:
In der Zwischenzeit sind die Gestzesvorschläge öffentlich zugänglich: Gesetzesvorschlag zur Begutachtung.
Und das, was das Pressechor der Innenministerin den ausgesuchten eingeladenen JournalistInnen in die Hände gedrückt hat, das findet sich im Nachhinein auch auf der Website des BMI hier (PDF).
… und wenn irgend jemand auf die Idee kommen sollte, sich per Email, Telefon oder Brief informieren zu wollen; oder auch zu protestieren:
Pressesprecher der Bundesministerin
Mag. Martin Brandstötter
Telefon: +43-(0)1–53126-2027
Mag. Gregor Schütze
Telefon: +43-(0)1–53126-2017
Abteilung Öffentlichkeitsarbeit
Telefon: +43-(0)1–53126 — 2488
E‑Mail: infopoint@bmi.gv.at
Sprecher des Ministeriums
Mag. Rudolf Gollia, Oberst
Telefon: +43-(0)1–53126 — 2490
Mobil: +43 (0)664–183 39 38
E‑Mail: rudolf.gollia@bmi.gv.at
Mag. Alexander Marakovits
Telefon: +43-(0)1 53126 — 2358
Mobil: +43-(0)664–813 21 00
E‑Mail: alexander.marakovits@bmi.gv.at
6 Antworten auf „Fekter: Hinterfotzigkeit im Namen des Staates“
[…] und diverser anderer Tricks das diskursive Terrain zum eigenen Vorteil aufbereiten lässt. (Vgl.: http://www.kellerabteil.org/2009/06/fekter-hinterfotzigkeit-im-namen-des-staates/). Gleichzeitig wird solche Zensur immer schwieriger, wie das Beispiel der 90.000 gehackten […]
[…] Im Blog Kellerabteil2.0 findet sich ein Beispiel dokumentiert, wie Regierungsmitglieder mit den Medien umgehen – sie teils umgehend, teilweise mit ihnen packelnd -, um ihre Sprachregelungen in der Öffentlichkeit durchzusetzen, Fekter: Hinterfotzigkeit im Namen des Staates: “Beim Eingang gibt es dann eine Überraschung. Der Portier, kümmert sich diesmal nicht um die Presse…“ […]
Die sind planlos bei den Pressekonferenzen (Habe es selbst bei .latterwatch erlebt)
Die Goldfasane sitzen vorher im Cafe ums Eck und verströmen eine Pitralonmischung.
Ein leiser Hauch von Ständestaat zieht noch immer durch die Republik und der wird auch noch verschwinden.
LG
aus Wien 10.
und das ist erst der Anfang — irgendwann wird sich dieser Entwurf als der kleinste gemeinsame Nenner herausstellen
Danke für die super Zusammenfassung. In Graz ist man leider immer etwas ab vom Schuss… Und das Sie doch von den österreichischen Medien zerissen wird, zeigt ja, das dort noch nicht alles verloren ist.
Wow, das ist wirklich tiefste Schublade