SchwarzBlau hat sich seit 1999 nicht mehr getrennt, wie das bei einer Emulsion längst der Fall hätte sein müssen. Die wenigen liberalen Segmente der ÖVP bleiben kaltgestellt und driften immer weiter in eine innerparteiliche Belanglosigkeit und das Ausgedinge ab; soferne das überhaupt noch geht.
Gesellschaftspolitisch hat die weltoffenere und konsensuale Wirtschaftskammer das Heft bereits lange an die radikale Industriellenvereinigung abgegeben. Die Überraschung, dass die IV durch den Abgang der Schüssel-Junta hier nicht geschwächt und die Wirtschaftskammer nicht gestärkt hervorgegangen ist, zeigt mehr als alles andere die waren Kräfteverhältnisse im konservativen Spektrum.
Dort, wo die ÖVP nicht mit der FPÖ zu einem ideologischen Konglomerat verdichtet ist, dort retardiert sie in Richtung der Christlich-Sozialen der Johann Schober und Ignaz Seipel Epoche.
Wer sich über die FPÖ erregt und angesichts des Machtzuwachs der Neo-Nazis, der schlagenden Burschenschaften und FPÖ verzweifelt, wer fassunglos die Performance der ‘Wären-gerne-bekennende-Nazis-wenn-das-Verbotsgesetz-nicht-wäre’-Parlamentarier mitverfolgt mit deren gleichzeitigem ‘Wir-profitieren-herrlich-von-der-Verbotsgesetz-Drahtseilakt-Ästhetik’-Grinser : cool: , wer angewidert und ratlos den Kopf schüttelt über die eigene Heimat, die sich da immer weiter zu entfremden scheint, der möge sich daran erinnern, wer dieses blau übermalte Braun in den Porsche geholt hat.
Das SchwarzBlau Amalgam
Das Amalgam wurde im Vorfeld von 1999/2000 gebildet und von der Industriellenvereinigung in Netzwerkarbeit gemischt. Damals haben Lorenz Fritz, Schüssel und Bartenstein und die Raiffeisen-Paten die Sozialpartnerschaft auf die Prinzhörner genommen, um die roten Anteile aus allen Entscheidungsgremien auszutreiben und deren Widerstand gegen eine Neustrukturierung der österreichischen Governancesphäre zu verunmöglichen.
Es wurde weniger “umgefärbt” als vielmehr neu reguliert; was anschließend freilich auch ziemlich überall andere Farbverhältnisse mit sich brachte ((siehe etwa die zuerst Integration der Zollwache in die Gendarmerie und die anschließende Polizeireform mit Zusammenlegung von Gendarmerie und Polizei.)), klar, nur dass dieser Umstand allein die tatsächlich vollbrachte Revolution verharmlost.
Revolution, nur zur Erinnerung, das war ursprünglich ein Begriff aus der Astronomie und meinte, dass die Objekte, die einmal oben waren, durch die revolutio nach unten kämen; also ein Austausch und Wechsel der Körper, die oben und unten waren.
Die Ordnung der Verwaltung auf den Kopf gestellt
Genau solches, die revolutio, ist in vielen Sphären des Landes passiert. Die Sozialversicherungen und das Arbeitsmarktservice werden jetzt von den Arbeitgebern und nicht mehr von den Arbeitnehmern regiert. Für das Hochschulsystem gilt ebenso, dass die Industrie das Sagen hat, in der Forschungspolitik sowieso.
Auch die Unternehmen, die die öffentliche Infrastruktur bestellen sollen, sind mittlerweile nicht mehr dem Staat verantwortlich sondern der Industrie. Etc. etc. etc.
Einen Ausdruck fand diese revolutio ua. in der Zusammenlegung der Ministerien Arbeit und Wirtschaft, wobei angesichts der Wahl des Wirtschafts(- und Arbeits-)Ministers freilich nie ein Zweifel darüber herrschen konnte, was da wem untergeordnet war. Der passende ästhetische Ausdruck muss fast in den ungeschminkt gemeinsamen Pressekonferenzen von Minister Bartenstein, Berni ‘the finger’ Felderer und Veit Sorger im ‘Haus der Industrie’ gesehen werden.
Das alles ist nun nicht Geschichte, da die ÖVP sich – scheinbar ein wenig – vom giftigen Schüsselkurs abgesetzt und eine Regierung mit der SPÖ gebildet hat. Genauso wenig war die Amalgamierung von SchwarzBlau nie auf den gemeinsamen Governance-Umbau beschränkt, sondern immer ein gesellschaftspolitisches Gemeinsam-ins-Bett-Gehen.
Kein Deut von Rückbesinnung oder Kurswechsel
Und dabei ist es bis dato geblieben. Die lange Reihe die Menschenrechte verachtende und gleichzeitig kompetenzmäßig grandios dilettierende Innenminister legt Tag für Tag auf s neue Rechnung darüber ab, wo die ÖVP steht. Die stammelnde Provokation Fekter steht dem stammelnden Platter um nichts nach, der um nichts besser oder weniger schlimmer als die stammelnde Prokop war. ((Was überhaupt nicht die rechte Politik der SPÖ und der Arbeitnehmervertretungen in vielen Fragen beschönigen soll, schon gar nicht das beredte Schweigen der ehemaligen Sozialdemokraten auf gesellschaftspolitischer Ebene. Dennoch ist eines sehr offensichtlich: während die ÖVP sich radikalisiert, geht die SPÖ eher den Weg in jegliche gähnende Belanglosigkeit; und das auch noch vorgetragen mit Schlumpfstimme.))
Der stammelnde Innenminister vor Prokop ist all seiner Hypotheken zum Trotz nun auch wieder da. Und erinnert uns alle, so wie auch seine eigene Partei (think Karas), wo der niederösterreichische Bartl den Most herholt:
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Eine Antwort auf „SchwarzBlau ist keine Emulsion“
Super Beitrag. Dem ist eigentlich nichts mehr hinzufügen.