Holy moly. Das allein wäre ja schon einen Aufschrei wert: Über das Ö‑Blog der Zeit hat sich ein Beitrag verirrt.
Man stelle sich meinen Schock vor. Sonntag. Marke des ‘verschlafenen Sonntags’. Halsschmerzen verdichten sich zunehmend zu Anzeichen richtigen Krank-Werdens. Hirn hat schöne Aussetzer, was mir bei den Versuchen etwas zu arbeiten, leidlich aufstößt. Nicht tragisch, führt höchstens zu amüsierter Verwirrtheit und stört nicht den lazy sunday. Dann schlägt plötzlich dieser totgeglaubte Feed aus. Ohne Vorwarnung. Wahnsinn!
Joachim Riedl berichtet aus den roten Vorzimmern: Stand der Regierungsvorbereitungen. Hochgradig ambivalentes Thema. Weil einerseits natürlich interessant. Andererseits: oje. Der nächste Gedanke: Was soll das anders als deprimierend werden. Lesen muss ich das dennoch sofort.
Schreibt Riedl:
Also wie gesagt, ich will es ja eigentlich gar nicht wissen. Nachdem ich 2 Monate lang immer wieder die Variante Katzian als zukünftiger Sozialminister vernommen habe, übrigens halbwegs neutral mit interessiertem AHA quittierend, durfte ich in den letzten 2 Wochen plötzlich von verschiedenen Seiten erfahren, der Kollege Hundstorfer wird’s machen.
… *schluck* …
… wie soll ich sagen … ähm, *yikes* ??
Bringt’s das auf den Punkt? Nein?
Kennt ihr diesen Augenblick im Gesicht eines Kleinkindes, wenn die Augen ganz verschreckt aufgerissen sind und man weiß genau, wahrscheinlich fängt jetzt gleich das Geplärre an. Und es kann aber auch sein, dass nicht. Weil in Kleinkindergesichtern oft der Schock, die Überraschung, die Überwältigtheit festgeschrieben steht und manchmal das ganze Kind starr zuckt. Alle warten, in welche Richtung es jetzt los geht. Plärren. Lachen. Weiter mit aufgerissenen Augen starren. Oder, wie als wär nichts gewesen, einfach weiterspielen. 😯
Ich schätze, dass könnt’ meine Reaktion etwa beschreiben, genau der Moment, wo man nicht weiß. Auch sehr ambivalent. Hält bis heute an.
So weit ich weiß, geht es allen so. Anyway, wo war ich?
Genau, Obama-Hype.
Was wird da nicht alles analysiert, was wird da nicht alles Angst-gehabt. Dass z.B. “das Emotionale” im Widerspruch zur rationalen Politik stünde. Dass die emotionale Welle der Hoffnung – Stichworte “HOPE” und “CHANGE” – nur zu Enttäuschungen führen kann; und dass sie zu unrealistischen Erwartungen verführt.
… berichtet Robert Misik.
Tja, they are roaring high, die Erwartungen. Der gelernte Österreicher begegnet dem mit stilsicherer Abwehrhaltung. Man wirft relativierende Urteile ein.
Dass der Obama ja ein Linker sei, kein Linker, auch nur ein US-Amerikaner, nur ein toller Redner, aber auch so ein Religiöser, ein Populist, ein geschickter Spendensammler usw. und sowieso auch nur ein Mensch.
Der muss erst mal seine Amtsübernahme überleben.
Und ich finde ihn vielleicht frühestens dann akzeptabel, wenn er Dick Cheney vor das Kriegsverbrechertribunal in Den Haag gebracht hat.
Oder so.
Hypothese:
Jetzt mal nur so eine Vermutung, aber wenn man den Mann und seine Arbeitsweise etwas eingehender beobachtet, da setzt sich doch zuerst einmal der Eindruck durch, dass er mal einfach nicht so ein Lulu ist, oder? Das ist doch heute schon so überraschend wie ein Eintrag am Österreich-Blog der Zeit.
Das hat wohl auch, aber nicht eigentlich etwas damit zu tun, dass der “anders” ist. Anders als die Masse der Funktionsträgerinnen und Funktionsträger aus den Apparaten der Politik, Wirtschaft, Militär und v.a. Interessensvertretung. “Anders sein” ließe sich leicht auf “anders reden” reduzieren (think Bubba Bush), auf eine “andere Ästhetik” (think Haider), einen “anderen performativen Akt” (think Berlusconi) oder ein “anderes Level ausgestrahlter Geschwindigkeit” (think Sarkozy). Die Liste ließe sich fortsetzen.
Das alles scheint es mir im Fall von Obama doch nicht zu sein. Da arbeitet einer einfach anders, arbeitet mit seinem Team anders. ((Die Poltikauffassung und v.a. ‑durchführung erinnert mich an den Begriff der wissenschaftlichen Weltauffassung, die Praxis der Wiener Stadtregierung der 1920er Jahre bis ’34.)) Vielleicht ist Obama schlicht und ergreifend ein Nicht-Lulu unter TOYS’R’US-Armeen von Lulufiguren.
Das ist, wie soll ich sagen, als würde Van Morrison bei Starmania teilnehmen. Oder als würde Armin Wolf unter die ORF-Sportreporter gehen müssen. Da braucht man dann gar nichts mehr analysieren:
Wenn ein “Kein-Lulu” unter lauter “Lulus” tritt, wird die Luluhaftigkeit der anderen erst unvermittelt offenbar.
(unsterbliche Weisheit aus der mongol. Steppe)
By the way, haben wir in Österreich eigentlich noch nicht-stammelnde PolitikerInnen in Erste Reihe Ämtern? Wem fällt ein Beispiel ein? Nur eins?
(Weiß auch nicht, wie ich jetzt auf das komme.)
Schreibt Riedl:
In sein altes Ressort, das Infrastrukturministerium, wird Faymann wohl seine Vertraute Doris Bures hieven.
Ich wusste gar nicht, dass die Bures Doris vom Faymann Werner auch eine Vertraute ist. Vom Gusenbauer Alfred war sie erst recht die Vertraute. Mit wem aller ist die noch vertraut? Könnt sie da gebraucht werde, vielleicht?
Die SPÖ gibt das Bildungs- und Kulturministerium sowie das Justizministerium ab und erhält dafür im Tausch das Gesundheitsministerium sowie das Außenministerium. [..] Im Tausch für Bildung und Kultur erhält die SPÖ jetzt das Gesundheitsministerium und kann dann behaupten, alle Ressorts im Sozialbereich in ihrem Machtbereich zu vereinigen.
Genialer Schachzug. Bin baff. Geniestreich! Macht die Fekter das Innen- und das Justizministerium. Das schafft Synergieeffekte und beschleunigt die Aufarbeitung der Korruptions- und Missbrauchshistorie im Innenresort. Vl. gibt’s auch bald einen Plankette zur äußeren Auszeichnung für alle AsylantInnen, eine offen zu tragende AsylCard. Auf der lässt sich dann alles speichern, das Einreisedatum, die Anklagepunkte und der zu vollziehnde Abschiebungsentscheid.
Tja, doch nichts mit einer Finanzministerin Schmid:
Dass die SPÖ urplötzlich ihr Interesse an Bildung und Kultur verloren hat, hängt ursächlich mit der derzeitigen Amtsinhaberin Claudia Schmied zusammen, genauer mit ihrer vorangegangenen Tätigkeit als Vorstandsmitglied der Kommunlkredit Austria, die ja im Verlauf der Finanzkrise unter die Räder gekommen ist und quasi zwangsverstaatlicht werden musste. Die beiden Vorstände Reinhard Platzer und Leopold Fischer mussten wegen verwegener Spekulationen in Island und auf Zypern des Gemeindefinanzierers den Hut nehmen (mehr dazu bei den Kollegen von profil).
Ein Blogger wird auch was. (Ok, gebloggt hat er nicht so richtig. Außer man definiert ‘Bloggen’ im Sinne von: Presseaussendungen eins zu eins und samt ots-Signatur online stellen und “Blog” drüber schreiben.):
Mit dem Außenministerium soll der bisherige Beamtenstaatssekretär Andreas Schieder, ein passionierter Außenpolitiker, dafür belohnt werden, dass er nach dem roten Schwenk in der Europalinie so dezent zu schweigen wusste.
«Tja, so sieht der Plan aus», schreibt Joachim Riedl und versüßt mir damit den verschlafenen Sonntag. Dann zitiert er Brecht. Sehr passend. 🙂
Ich hoff’, dass meine Obama-Theorie mit den Jahren verifiziert wird und zitier’ noch mal Riedl:
Und danke für Ihre Geduld beim BisZumEndeLesen!