Der Schleim aus den Stirnhöhlen ist das erste mal seit einigen Tagen deutlich auf Rückzug. Kaum etwas kann der Laune und Stimmung so gut tun! Die eisige Kälte im Nierenbereich und den Füßen, egal wie eingepackt: passé. Gibt nichts genialeres.
Tut auch dem Kopf gut, wenn die Energie wieder langsam zurückkommt. Die letzen Tage hab ich mich nur im Kreis gedreht. Hasse das, wenn sich zu viele Gedanken im Kreis drehen und kein einziger festgehalten und gedacht werden kann. Ich schiebe es jetzt mal auf den Schleim in den Stirnhöhlen und die ganzen Gänge hinunter in die Nase und die Bronchien. Jetzt ist das vorbei, glücklich.
Freude ob des nicht leeren Briefkastens
Schön schließlich auch, dass die Postler (und Postlerinnen, bei mir ein ‘Postler’) auch am 24.12. das Kastl befüllen, obwohl Fenstertag und der dazugehörige Vormittag zur so genannten Stillen Nacht. Eine kartonierte Briefsendung, geradezu wie ein Geschenk!
Hatte darauf gehofft, dass sich das ausgeht. Hatte die 2 DVDs von thalia.at erwartet, dh. erhofft, dass diese zwo DVDs noch vor den Feiertagen eintreffen. Breites Grinsen in meinem Gesicht, als diese kartonierte Briefsendung im Kastl auftaucht. 🙂
Nope, nicht die DVDs. Das Quasi-Geschenk am 24/12 kömmt nicht von thalia.at sondern per Germinal Versandbuchhandlung. Das PROKLA 149. Egal und auch schön. Selbst bestellt ist beides.
Im Inhaltsverzeichnis – Themenschwerpunkt ist Globalisierung und Spaltung in den Städten – fällt mir auf, es gibt nicht nur das übliche Editorial der Redaktion sondern darüber hinaus von der Redaktion angehängt noch “Zu den besonderen Produktionsbedingungen dieses Heftes”.
Tja, die Augenbrauen angehoben, neugierig geblättert, gleich gelesen. Worum geht’s?
Dieses Heft ist insofern unter besonderen Produktionsbedingungen entstanden, als mehrere unserer Autoren mit strafrechtlicher Verfolgung konfrontiert waren.
Ja, der globale war on terror, nicht gegen den internationalen Terrorismus sondern jener – schnell einmal unter der selbige Klammer verkaufte – Terrorismus gegen den “Feind im Inneren”; vulgo ‘Bürger’. Der staatliche Terror des Überwachungsstaates. Siehe oben rechts zur austriarkischen Erscheinungsform.
Ich habe das grimmige Gefühl, wir stehen hier immer noch relativ am Anfang einer Dynamik, die unser aller Leben in den nächsten zwei, drei Jahrzehnten massiv beeinflussen wird.
Stille Tage, Stille Nacht
Nichts für ungut :-), ‘ja genau’. Schon lange nicht mehr nur Hohetage des Konsums sondern auch des Konsumzwangs. Aber die Bevölkerung ist widerständig und konsumiert zu wenig im Angesicht der Vorgaben der Experten und Interessensvertreter. Das, obwohl die Lohnabschlüsse doch angeblich sooo hoch waren, für die Wirtschaft zu hoch. Laut der selbigen Experten und Interessensvertreter zumindest.
Macht nix. Die Inflation grassiert trotzdem, auch ohne ausreichenden Konsum.
… jetzt bin ich vom Thema ab…
Ich liebe diese Tage ja. Ganz ohne religiöse oder kulturelle Unterbutterung. Die Feste und Feiern hat es für mich zuletzt als Kind gegeben, daran kann es nicht liegen. Und damals war Weihnachten bereits mehr hohl als schön, mehr beschissen als recht. Nochmals, nichts für ungut. Vielen bedeutet es viel, euch
ALLEN EIN SCHÖNES FEST und schöne Feiertage.
Ohn’ hierin einen Widerspruch zu meinen, bestehe ich halt drauf: fuck off mit dem Scheiß, wenn das universal verpflichtend sein soll. Die Erwartungshaltung, da mitmachen zu müssen. Sicher nicht.
Viel zu viele, die das hassen. Viel zu viele, denen das nicht ist. Viel zu viele, die das nicht haben können und höchstens lächeln, wenn der kulturelle Druck bei ihnen angreift, sich doch feierlich freuen zu sollen.
Nope, ‘lass mi anglahnt mit dem Scheiss’ muss neben den tatsächlich glückseligen Bescherungen auch möglich sein. Beides ist Realität.
Stille = Entschleunigung
Es liegt in der Luft, in der mich umgebenden, die stillen Tage. Nicht in der Beleuchtung der Straßen und Fenster, nicht in der offiziellen Kultur, aber in den Details der direkten Umgebung.
Am Gang im Stiegenhaus sind die alten eisernen Gitter vor manchen Wohnungstüren zugezogen und geschlossen. Dort nämlich, wo die polnischen Gastarbeiter wohnen. Sie fahren über die Feiertage natürlich ’nach Hause’.
MK ist um diese Tage auch aus der gemeinsamen Wohnungshöhle ins Großmütterliche Warschau entflogen. Die einzigen Fixtage des Jahres, da ich die Wohnung ganz allein für mich habe, obwohl, auch das ist nach einigen Jahren heuer mal anders.
Der Blick aus den Fenstern auf die Straße wirft etwas von der allgemeinen Stille zurück. Es sind so viele Parkplätze frei wie sonst nur im August. Nur dass das in alles eingesickerte kalte Grau nicht zum Licht des Hochsommers passt.
Der Internet- und Egoshooterladen ‘yousef’ gegenüber ist nicht vollkommen leer, erinnert aber auch nicht im mindesten an das übliche lebendige Treiben.
Schräg gegenüber, die WG mit den jährlich wechselnden Silhouetten, aus deren Fenster fast immer Licht dringt, mindestens aus der Küche, die so wie in fast jeder WG der Marktplatz der Wohnung ist, auch dort ist alles finster.
Schräg gegenüber in die andere Richtung etwas weiter oben, dort wo seit Wochen das blinkende Licht eines weihnachtlich stimmen sollenden Sternes samt aggressiv leuchtendem Weihnachtsmann dazu zwingt, die eigenen Fensterrollos zuzumachen, weil es sonst derart ins Zimmer blinkt, also dort drüben ist auch aus. Dahinter liegt ein Kinderzimmer, die junge Kleinfamilie dürfte dieser Tage allerdings auch bei einem Familienteil älterer Generation zu Besuch sein.
So ziemlich alle Freunde und Bekannte sind in den nächsten Tagen nicht erreichbar, kaum jemand überhaupt in Wien.
Die jobmäßigen Aktivitäten sind für gut zwei eher drei Wochen eingefroren. Die feeds gewisser abonnierter Seiten und Blogs schlafen seit Tagen immer mehr ein. Das Stimmengewirr der Stadt und jenes des virtuellen Raums senkt sich immer mehr ab.
Im Hinterkopf wirkt sich das Wissen aus, dass, würde ich rausgehen und irgendetwas essen wollen, kaum ein Laden, kaum eine Gaststätten offen hätte, das kaum Leute auf der Straße rumlaufen würden. Sogar der Strich ist höchstens nur mehr eine Provinzveranstaltung.
Duschen kann mensch egal zu welcher Uhrzeit, immer ordentlicher Druck aus der Brause.
Alles zusammen: entschleunigte stille Tage. Im Jahresrhythmus ein mir extrem wichtiges Ritual. Bestandsaufnahme, durchaus schwierig. Konzentration und Selbstbestimmung.
Die Rückkehr zu fm4
Ein Fest ist 24/12 für mich dennoch irgendwie. Vorfreude im Jahresrhythmus wegen der lieb- und wertgewonnenen Fixpunkte auf fm4. Meine jährliche Rückkehr ’nach hause’. You’re at home baby.
Spätestens seit 9/11 ((Im Umfeld und danach konnte/mochte ich fm4 nicht mehr hören. Die Blumenaus waren ja sehr stolz darauf, wie der Sender mit dem Ereignis umgegangen ist. Für mich war es der endgültige Bescheid, dass ich damit nichts bzw. nichts mehr anfangen kann/mag.)) und sicher auch altersbedingt gilt das für mich schon lange nicht mehr, das you’re at home baby. Aber das jährliche Zusammentreffen von Votava und Willi Resetarits on air! Mit den traumhaften Dialogen, den Anrufungen der Herren Ivaniewicz, Mr. Bottleneck und Van ‘The Man’ Morrison, … ich liebe es.
In fünfzehn Jahren werden wir Mitschnitte wie Kleinode handeln, liebevoll von der kulturellen und zeitgeschichtlichen Bedeutung reden und uns erinnern. Ein bißchen mit Frosch im Hals, so wie bei allen schönen großen Dingen, die nicht groß daher kommen und erst mit der Zeit ihre Bedeutung für ganze Menschengruppen entfalten. (Dh., in fünfzehn Jahren, hoffentlich hat sich das nicht geändert, dass Votava und Dr. Kurt Ostbahn auf fm4 Trost und Rat singen, lachen und erzählen.)
in appreciation:
Dann das Weihnachten ohne Freunde. Und schließlich der Fixpunkt schon so einiger Jahre, die sich da angesammelt haben. Die Stille Nacht mit Freund Heinz Reich. Ein jahrelanger Freund , ich sag mal, im Sinne kultureller Verbundenheit. Über das Trägermedium Äther.
Shout outs!
Stille Nächte mir Heinz Reich
Diese Nacht ist übrig geblieben und steht also stellvertretend für, sie ist mir Symbol für diese Nächte vor ich glaube sechs bis acht Jahren, als Heinz Reich recht oft die … keine Ahnung wie das hieß, die Sonntag Nächte ab eins in der Früh moderierte, gestaltete, verzauberte.
An zwei prägende Bilder erinnere ich mich im Besonderen.
Damals noch in einer anderen, in meiner Wohnung drei Stockwerke über der breiten, befahrenen und beleuchteten Straße, der Blick unermesslich weit ins Wiener Becken hinunter, Richtung Anninger. Regelmäßiger Lebensrhythmus bis 4.00 in der Früh, die besten und produktivsten Stunden zwischen 22.00 und 3.00, den Rücken zur Nacht.
Musik. Allein in der nur durch den Bildschirm selektiv erhellten Wohnung. Prototypisch für die Stimmung dieser Nächte und im weiteren dieser ganzen Lebensphase: das geniale ‘Nachtschattengewächse’ der Waxos.
Prototypisch für mich und in meiner Erinnerung: die Stimme und das Sprechen von Heinz Reich.
Beides – manchmal gab es das auch zusammen – steht in meiner Erinnerung ungeheuerlich wirkungsmächtig für diese Spannung zwischen ‘allein sein’ und der Verbundenheit mit anderen in der Stadt, die zum selben Zeitpunkt an anderer Stelle auch ‘allein sitzen’ und alle durch dieses unsichtbare Pulsieren der Stadt verbunden. Durch die Ansicht der Straßenlaternen. Durch die Musik und das Lebensgefühl. Durch den Äther und die Schwingungen, das Timbre der urbanen Nacht. Für mich hatte das den pursten Ausdruck im Timbre der Stimme Heinz Reichs und in dem, was er sprach.
Das andere, das noch intensivere Bild: ich sitze im Auto. Damals hatte ich noch eines in der ersten Zeit, nachdem ich aus Kärnten nach Wien zurück gekommen war. Ich saß dann irgendwann nach eins oder zwei in der Früh im Auto, bereits eingeparkt, meist mit Blick auf die eigenen Wohnungsfenster drei Stockwerke über mir, Perspektivenwechsel also.
Vom damaligen Job als Kellner im Schwulenrestaurant im 5. Hieb zurück. Der typische Studentenjob. Immer so eine Viertelstunde nachdem gerade abgerechnet und zugesperrt haben. Heimfahrt die Wiedner Hauptstraße rauf, über den Matze, Triester usw. fm4 im Radio. Heinz Reich. Freilich nicht immer, nonaned, aber daran erinnere ich mich.
Heinz Reichs Timbre erzählt gerade. Etwas. Irgendetwas. Spielt was, erzählt was. Ich schon eingeparkt, bleib sitzen weil: ich will das Autoradio nicht abdrehen. Hab’s auch nicht eilig. Das Lied noch, die Ansage noch. Alles in der Schwingung der Nachtschattengewächse.
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NACHTRAG!!!
Sie haben keinen Van “the Man” gespielt!?! Freilich, die Sendung war wunderbar wie immer. Ich hatte manches von dem, was es so herrlich macht, schon ganz vergessen. Das gegenseitige Reinreden, immer wieder sich bestätigend. Das Wetteifern im und um den Sprachstil. Das Lachen. Das herrliche gemeinsame Singen und Drübersingen. Und natürlich war die Hawaiigitarre dabei.
Eine Antwort auf „Tagebucheintrag 24/12.o7a“
Wer ist dieser Poster ?Diesmal haben sie noch 5 Sterne bekommen 😉