.. so ätzt der Spiegelfechter in seinem letzten … ich nenn das jetzt mal so: Leitartikler.
Der Spiegelfechter
.. macht keine Blogeinträge. Das was er macht, das sind Analysen. Das sind Kommentare in dem Wortsinn der journalistischen Textsorte ‘Kommentar’. Also nicht im Wortsinn des Kommentars, den mensch unten an einen Blogeintrag dranhängt.
Jens Berger (das Alias des Spiegelfechters oder so) schreibt nun keine quasi additiven Kommentare, die an irgendetwas “drangehängt” sind, sondern ganz schön runde und analytische, auf eigener Recherche basierende Kommentare zu Aspekten des Weltgeschehens. Vorzugsweise mit Deutschland Bezug freilich.
Er macht in dem Sinne also das, was Chefredakteure von Qualitätszeitungen machen, nur dass der Spiegelfechter keine Qualitätszeitung – glücklicherweise – ist sondern ein Qualitätsweblog. Und so besteht das Spiegelfechterblog – konsequenterweise – ausschließlich aus … Leitartikeln.
Ja, dies ist wiedermal eine BlogEmpfehlung. ((Hiermit nehm’ ich die Kategorie ‘BlogEmpfehlung’ in die Beschlagwortung auf und werde auch ex post ältere BlogEmpfehlungen beschlagworten.))
Bissige Satire
In die Leitartikel des Spiegelfechters mischt sich so einiges. Unter anderem mischt sich da bissige Satire hinein. (Bissig ist er sowieso durchgehend, ätzend in einem durchaus positivem Wortsinn. Vor allem da es ja um ‘Leitartikel’ geht.)
Interessant und Blog belebend ist dabei, dass die bissige Satire weniger über die Textdimension hereingebracht wird (schon auch, aber weniger oft), sondern über den Text begleitende, unterstützende und konterkarierende Bilder. Ein Spiel mit zwei Kanälen also, in dem die Abfolge der Bilder schon mal einen zweiten Erzähl- und Argumentationstrang annehmen kann.
Die Kunst der Montagen
Das zweite Standbein, und darauf will ich eigentlich die ganze Zeit schon hinaus, das zweite Element, das des Spiegelfechters ‘QualitätsBlog’ ausmacht, das sind seine ‘Montagen’.
Der Spiegelfechter übrigens nicht der einzige Lieferant toller (Foto-)Montagen aus der dt.sprachigen Blogosphäre. Da wäre schließlich noch und vor allem der berühmt-berüchtigte Herr ZAF. Der führt ja sowieso mein LieblingsBlog. Das ist dann aber ne andere Blogempfehlung.
Jens Berger jedenfalls, scheint das auch ganz gut zu können. Siehe hier zur Bahnprivatisierung, hier zu den ‘Strommonopolisten’ oder zu den Vorkämpfern eines immer faschistoidere Züge tragenden Überwachungsstaates.
Diese Montage allerdings hätte er sich sparen können, das will ich nicht unerwähnt lassen. Hier bemüht er ein altbekanntes und eindeutig antisemitisches Stereotyp. Dazu aber später.
Die Montagen zum SPD-Parteitag
Sie sind nun der aktuelle Anlass für diesen meinen Eintrag und die hier ausgesprochene BlogEmpfehlung. Siehe das Beispiel rechts. Mehr beim Spiegelfechter selbst.
Have a look and enjoy!
Für den Überblick zum SPD-Parteitag und zu der Konstellation, in der dieser stattfindet, da empfehle ich wie gewohnt die NachDenkSeiten. Dort sitzen die Insider.
Der Parteitag der SPD an diesem Wochenende ist ja nicht irgendeiner. Die SPD, einstmalig Trägerin und Organisationsform der sozialdemokratischen Bewegung, ist eingeklemmt zwischen der eigenen neoliberalen, jüngsten Vergangenheit (Stichworte: Schröder, Agenda 2010, Hartz IV), einer sich neu organisierenden Linken und vor allem der immer unterdurchschnittlicher werdenden Unterdurchschnittlichkeit der Parteikader, die weder intellektuell der herrschenden Ideologie etwas entgegen zu halten haben noch gewillt sind, ein Mindestmaß an Distanz zu der immer mächtigeren Wirtschaftselite zu wahren.
Resümee & Kritik
Der Spiegelfechter, das ist ein QualitätsBlog. Der Spiegelfechter ist darüber hinaus wohl ein Beispiel für eine recht neue Entwicklung. Was Qualitätszeitungen und öffentlich-rechtlicher Rundfunk kaum mehr leisten, die für die Demokratie so wichtige Kontrollfunktion von Macht, diese Funktion wird zunehmend einer Gegenöffentlichkeit im WWW bzw. im Web2.0 wahrgenommen und übernommen. ((Nein, mir ist deswegen gar nicht zum Jubeln zumute. Keine Glorifizierung des Blogosphäre, wahrlich nicht. Der Punkt ist vielmehr, dass die Medienwelt bereits durch die Finanz- und Konzernwelt übernommen und beherrscht ist. Das ist ja wohl ein offenes Geheimnis und keine Verschwörungstheorie. Wenn ich von Gegenöffentlichkeit via WWW spreche, so also nicht im Kontext von Glorifizierung sondern von banalem, sachlichen und lebensnotwendigen Widerstand.))
Der Spiegelfechter bietet einiges, was diese Gegenöffentlichkeit im weiteren auch auszeichnet:
- eigene Themensetzung,
- eigene Meinung,
- Biss und Satire, Kritik und Humor,
- Vernetzung und Diskussion innerhalb einer Gegenöffentlichkeit,
- Widerstand gegen die ‘offizielle’ Medienwelt und deren Öffentlichkeitskonstruktion,
- pointierte Thesen und Sichtweisen.
Zuletzt zu meiner Kritik. Wo gehobelt wird, da fallen Späne. Wenn mensch sich weit rauslehnt, wird mensch auch anecken. Es ist dementsprechend nicht notwendig mit den Thesen und Sichtweisen eines Spiegelfechters immer konform zu gehen.
Mit der Jens Berger’ Sichtweise auf die Nahost-Konflikte kann ich nichts anfangen. Die halte ich schlicht für latent antisemitisch.
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