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whoa, jetzt geht’s aber los

Dieses Ding, das B.L.O.G.-Ding, das ren­nt ja nun schon seit ger­aumer Zeit. Aber DAS, das bringt’s jet­zt natür­lich auf ein neues Lev­el: Misik blog­gt!

Ich glaub zumin­d­est, dass es “blog­gt” und nicht “blogt” heißt. Robert Misik blog­gt also; erstens über­haupt im all­ge­meinen und er blog­gt jet­zt im speziellen, dass er mor­gen ganz exk­lu­siv und ganz früh aus aktuellem Anlass bloggen wird. Und man solle also gle­ich vor­bei schauen, wenn’s Einen inter­essiert!
Geblog­gtes Blog-Avi­so qua­si. 🙂

Na, wenn das keine Ein­ladung ist! Und um das gle­ich klar zu stellen, ich werde mor­gen gle­ich vor­bei schauen.

Vor allem aber:
Wenn das kein Sig­nal für den tech­nol­o­gisch-medi­alen Quan­ten­sprung ist, den wir hierzu­lande ger­ade teil­haftig wer­den!

For the records, die Mel­dung in dem Misik seinem Blog, dem kick-ass down­right hottest Misik-Blog of all the aus­tri­an polit­i­cal and intel­lec­tu­al blogs von hier bis Attnang-Puch­heim, lautet:

Es ist ver­dammt schwierig gewor­den, eine ratio­nale Posi­tion zu Chávez einzunehmen, ger­ade weil so Viele so ein­deutige Mei­n­un­gen zu seinem „boli­varischen Exper­i­ment“ haben. Einen Kom­men­tar zur Venezuela-Wahl find­en Sie hier am Mon­tag, 4. Dezem­ber, unmit­tel­bar nach Veröf­fentlichung des Ergeb­niss­es. Schauen Sie vor­bei.
Tags: Chavez
Post­ed by Robert Misik on 03.12.06 18:30 … dann der
Perma­link

Yesss, da kann die ganze öster­re­ichis­che Medi­en­land­schaft samt v.a. dem Fell­ner Wolfi nicht mithal­ten. Und ich mein das dur­chaus ernst, dass das ein Sig­nal für den tech­nol­o­gisch-medi­alen Quan­ten­sprung ist. Kein Scheiß. Auch wenn sich (iro­nis­ch­er Ton) jet­zt so liest, als wollte ich dem Her­rn Misik eins auswis­chen, nei­dig wie ich bin. Nope, das ist es nicht.

Also von Anfang an, warum ist das ein Quan­ten­sprung und Sig­nal dafür, dass dieses Medi­um bei uns in Ö angekom­men ist:
Von dem neuen Ding, dem oben so beze­ich­neten B.L.O.G.-Ding, muss ich das erste Mal vor gut 3 Jahren gele­sen haben. Das lässt sich so genau sagen, weil es bald 3 Jahre her ist, dass ich für meinen Kol­le­gen, Auf­tragge­ber und Fre­und im VÖGB einen Haufen neuer Kurskonzepte zusam­menge­bastelt habe. Vier dieser Konzepte soll­ten dabei Mod­ule zu einem Grundthe­ma darstellen:

Wie kön­nen Betrieb­srätIn­nen und Funk­tionärIn­nen in der gew­erkschaftlichen Arbeit neue Medi­en nutzen und ein­set­zen, um ihre Tätigkeit in der sich wan­del­nde Arbeits- und Medi­en­land­schaft qua­si up-to-date zu ver­richt­en?

Eine vorgeschla­gene Antwort war: Bloggen!

Dabei muss ich gle­ich dazu sagen, ich hat­te damals (wie eigentlich heute immer noch) keine Ahnung von dem Ganzen, abge­se­hen von dem Inter­esse an den Artikeln auf Tele­po­lis, Web­stan­dard und ORF-futur­zone, die von dem großen neuen, Struk­turen ändern­den Ding verkün­de­ten.
(Links zu diesen älteren Artikeln lief­ere ich bei Gele­gen­heit nach.)

Da war also eine neue Kul­turtech­nik im Anrollen. Soweit, no big deal. Wäre nicht das erste Mal, dass solch­es voraus­ge­sagt wird, vul­go; gehypt.

Mir erschien das dies­mal beson­ders plau­si­bel, nicht wegen der tech­nis­chen Seite (, die ich sowieso nicht beurteilen kann), son­dern wegen der Textsorte. Erst kür­zlich hab’ ich mich mit einem Kol­le­gen mit ver­dammt viel mehr IT-tech­nis­chem Wis­sen und know-how darüber unter­hal­ten. Der Blog ist vielmehr eine neue Textsorte, als dass er eine beson­ders gelun­gene tech­nis­che Umset­zung von Möglichkeit­en des WWW wäre. Er lässt es zu, dass nahezu pri­vate Gedanken, intimes Geflüster und informelle Rede ein­er­seits quer über den Erd­ball nach­les­bar sind, und das fast in Echtzeit, und er so sorgt außer­dem dafür das “fast jed­er fast alles doku­men­tieren kann” (dig­i­tal gap ein­mal bei­seite gelassen).

Das erste Mal in sein­er Mächtigkeit richtig bewusst gewor­den ist mir das, als ich über einen Blog plöt­zlich und uner­wartet ganz haut­nah aus dem berühmten Davos­er Weltwirtschafts­gipfel berichtet bekom­men habe. Da stand ein Text auf meinem Bild­schirm, den son­st nur eine Hand­voll His­torik­erIn­nen mit ein­er Verzögerung von 100 Jahren zu Gesicht bekom­men wür­den. Hier war etwas geschehen, vor allem, weil das kein Einzelfall bleiben würde. Das hier hat­te Sys­tem!

Nachtkästchen­lit­er­atur, die aus elitären, abgeschot­teten Wel­ten erzählte. Intimes, das nicht pri­vat intim war son­dern intim in dem Sinne, dass wir Nor­mal­sterbliche hier nie einen Ein­blick erhal­ten soll­ten, obwohl es alle und alles anging. Wie die Briefe eines englis­chen Pre­mier­min­is­ters Mitte des 19. Jhdts an seinen ehe­ma­li­gen Tutor in Cam­bridge oder Oxford samt dessen Antworten und darin enthal­te­nen Vor- und Ratschlä­gen dazu, wie das britis­che Empire zu führen wäre.

Wieder ein­mal zu lang wer­dend kürze ich die näch­sten Etap­pen ab:
Bevor das B.L.O.G.-Ding noch wirk­lich bei uns ankommt, liest man Analy­sen über

  • Blogs ändern die Medi­en­land­schaft, nach­haltig und irre­versibel
  • Blogs wer­den zur Kom­mu­nika­tion­ss­chiene für unzufriedene Mitar­bei­t­erIn­nen in Unternehmen
  • via Blogs gelan­gen eben­so Geheimnisse wie unter­drück­te Schweinereien an die Öffentlichkeit
  • Konz­erne starten — erfol­gre­ich — “Cor­po­rate Blogs” und
  • Blogs wer­den für Image-Kam­pag­nen einge­set­zt
  • schließlich: Beni­ta F‑W blog­gt (& wer’s glaubt wird selig)
  • Zu diesem Zeit­punkt habe ich übri­gens sel­ber noch keinen einzi­gen Blog abon­niert, immer noch keine Ahnung, was ein rss- oder atom-feed ist. Gut, das hat sich nicht wesentlich geän­dert, aber … es funk­tion­iert. Und bis zu diesem Zeit­punkt habe ich zumin­d­est das Gefühl, dass das große Ding noch immer nicht in Ö angekom­men ist. Aber immer­hin gibt es ein Alar­mze­ichen. Ein Kol­lege der AK, zuständig für Schu­lung­spro­gramme spricht mich an, dass wir hier etwas machen soll­ten.
    Ich betone, ER SPRICHT MICH AN! Nicht dass das heißt, jet­zt passiert etwas. Aber trotz­dem. Er hat mich nach 2 1/2 Jahren ange­sprochen und …
    … und jet­zt geht’s Schlag auf Schlag (nochmal im Telegramm­stil):

  • ein Schu­lungs­beauf­tragter der AK kann sich Bloggen als Schu­lungs­the­ma vorstellen
  • ein neuer­lich­er Wahlkampf bringt nicht nur absurde Blogs son­dern Mel­dun­gen in den Nachricht­en, die Blogs zitieren
  • der BILD-Zeitung-Blog nimmt seine Arbeit auf und wird umge­hend bekan­nt
  • ich stelle fest, dass ich seit Jahren einen Blog abon­niert hat­te, ohne es zu wis­sen (weil ich alle Nachricht­en über Email-Verteil­er bekomme und der Inhalt lang­weilig ist. Den­noch han­delt es sich um einen Blog.)
  • im Wahlkampf stolpere ich über Blogs, die ich lieber lese als meine gewohn­ten Quellen (Polit­büro)
  • ich will mir diese rss-feed — Geschichte endlich näher anschauen und lande dabei bei Blog­lines, richte einen account ein und bin fasziniert, wie ein­fach und genial das ist
  • qua­si am weg abon­niere ich den feed zu Jon Stew­arts Dai­ly-Show und bin seit dem süchtig
  • ich stolpere — es ist immer noch Wahlkampf — über einen blog, den ich noch tausend­mal genialer als Polit­büro finde (Kräh­winkel)
  • in
    der Vor­bere­itung zu einem Sem­i­nar stoße ich auf den Öster­re­ich-Zeitung-Blog (das Pen­dant zum BILD-Zeitung-Blog; und ich beziehe ihn gle­ich in das Sem­i­nar ein)
  • das Ö‑Portal der ZEIT geht online (und ich bekomm’ es zufäl­lig gle­ich brüh­warm mit. Wer da noch an Zufälle glaubt. Genau.)
  • ich schnalle endlich, dass Blog-Soft­ware und Blog-Space mit­tler­weile gratis zu haben sind (Ich schwöre, das war noch nicht so, als ich das let­zte Mal geschaut habe.)
  • Und jet­zt komm ich erstens endlich zurück zum Misik und zweit­ens zu einem Ende:

  • Misik begin­nt zu bloggen
  • ich ent­decke: “auch Misik blog­gt” und abon­niere umge­hend
  • ohne dass hier ein Zusam­men­hang bestünde, fange ich an das B.L.O.G.-Ding auszupro­bieren (Wenn auch unter gän­zlich anderen Vorze­ichen ;.) )
  • Misik begin­nt nun alle links über­holend auch mit pod­cas­ten (kaum dass er zu bloggen begonnen hat­te) und
  • Kräh­winkel wid­met dem Misik’schen pod­cast-Erstver­such umge­hend einen eige­nen Blo­gein­trag (und ich hab alles über meinen blog­lines-account live im schlafz­im­mer)
  • Misik ref­eren­ziert auf den Kräh­win­kler Ein­trag zurück, so wie übri­gens vorher schon der geschätzte Chorherr Christoph in seinem Blog auf die Polit­büro’ler zurück ref­eren­ziert hat
  • ich lese nach Anlauf­schwierigkeit dem Misik seine Ein­träge und lerne ihn zu schätzen.
    Anmerkung: Bis dahin war er ein bekan­nter Name, immer wieder mal ein Artikel im Fal­ter, den ich gele­sen hätte, das Wis­sen um seine Pub­lika­tio­nen (Witzig, aber wer weiß schon? So ein “hand­book” für linke The­o­rie ist punk­to Aus­rich­tung schnell auch die pure & herbe Ent­täuschung.), der nicht zu ver­leug­nende Gedanken beim 3Sat-Schauen, dass er ne arge Stimme und/oder Art zu Sprechen hat.
  • ich will für das näch­ste e‑Be­trieb­srat­sar­beit-Sem­i­nar gle­ich das ganze Pro­gramm (in Rich­tung Bloggen) und den Ablauf ummod­eln und trete zu mein­er freudi­gen Über­raschung offene Türen ein
  • ich merke mein­er­seits beim Exper­i­men­tieren mit dem Blog erstens, hol­la, so ein Blog-Ein­trag ist eine ganz eigene Textsorte,
  • zweit­ens, ich bin viel zu lange und müsst — wenn ich müsst — mich ganz anders organ­isieren, und
  • drit­tens: es hat was! Macht süchtig. (Mein fün­fter Ein­trag in nahezu eben­so vie­len Tagen. Und das mir! Schreib­block­ade bei jed­er kleineren Gele­gen­heit!)
  • MISIK KÜNDIGT IN EINEM EXTRA BLOG-EINTRAG EINEN BLOG-EINTRAG AN!
  • Ich hab’ freilich keine Ahnung, wie viele Abon­nen­ten und Sub­skriben­ten Kol­lege Misik mit­tler­weile hat, aber allein dass er das tut verdeut­licht die emi­nente struk­turelle Änderung in diesem unseren Sys­tem des Schreibens, Ver­mit­telns, Adressierens und des Infor­ma­tions- bzw. Wis­sensaus­tausches.

    Jet­zt auch in Öster­re­ich, Blog has arrived.

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