Vor einer Woche ist hier im Kellerarbeil dieses Zitat zur Schulreform aufgetaucht.
Verändert wird innerhalb des bestehenden Systems – aber es wird nicht im System verändert. Nach wie vor werden die 10jährigen nach der Volksschule ihrer “Leistung” entsprechend entweder der Hauptschule oder der AHS zugeordnet. Beim besten Willen ist von einer Integration der getrennten Schultypen nichts zu sehen – trotz der gesetzlich vorgesehenen, lang erprobten sogenannten “Gesamtschulversuche”. Eben: Es waren ja nur sogenannte Gesamtschulversuche, ein “österreichisches Modell”, letztlich ein Etikettenschwindel.
Meine Frage an die LeserInnen dieses Blogs damals lautete, von wem könnte diese Kritik stammen? Dazu gab es eine Abstimmung, vier Antworten standen zur Wahl. Susanne Dermutz, Jörg Haider, Susanne Jerusalem, Veit Sorger. Die oben zitierte Aussage wurde offensichtlich allen Personen zugetraut, niemand bekam weniger als 4 Stimmen und niemand mehr als 8.
Nun, das ist für sich bereits ein interessantes Ergebnis, oder?
Die Ergebnisse der Abstimmung/Umfrage
4 Stimmen für die Bildungswissenschaftlerin, 7 für den Schulreferenten Kärntens, 8 für die Schulsprecherin der Wiener Grünen und 5 für den Präsidenten der Industriellenvereinigung.
Insgesamt also 24 abgegebene Stimmen.
Das sind ein paar mehr als gedacht, und kaum dass da ein paar Personen abgestimmt hatten, ist’s bei mir auch schon mit dem schlechten Gewissen losgegangen.
Weil eigentlich war das ganze nicht ganz fair und transparent. Es ging von Anfang an nämlich nicht um den Namen …
*räusper*
.. und der Witz ist folgender …
Die Auflösung lautet eigentlich ‘80er Jahre’
Das Zitat stammt von Susanne Dermutz. Sie hat ein Buch herausgegeben, gemeinsam mit Peter Gstettner und Peter Seidl. Das Buch heißt Schulreform – die Kritik geht weiter und ist im Verlag für Gesellschaftskritik erschienen. ((heute der Döcker-Verlag.)) Der Klappentext des Buchs ließt sich: ((Das Zitat und besonders der erste Absatz sei Georg Lechner zugewidmet.))
Es hat den Anschein, als ob auch die Ära der Schulreform in diesen trendwenderischen achziger Jahren zu Ende gegangen ist. Die Gesamtschule ist begraben, Politische Bildung ist nie ein Fach geworden und die Schüler sind wieder braver geworden.
Aber die Probleme sind geblieben. Das wird ganz deutlich, wenn man sich die Analysen und Forderungskataloge von vor zehn Jahren durchliest: Was hat sich denn wirklich am Leistungsdruck geändert? Was am Zugang zur höheren Bildung? Was ans den geschlechtsspezifischen Selektionsmechanismen?
In diesem Buch werden erstmals wichtige Beiträge zur Schulreformdebatte von 1975 bis 1985 in einem Band zusammengefaßt und die Kritik am herrschenden Schulsystem neu akzentuiert. Damit die Ära der Schulreform nicht völlig zum Stillstand kommt.
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Das war also 1986
Jenes berühmte 1986. Über 20 Jahre her, eine kleine Koalition, die Vranitzky-Ära, die Watchlist-Zeit, der Systemzusammenbruch, die Balkankriege, die Episode einer liberaleren ÖVP unter Busek, Rieglers ökosoziale Marktwirtschaft, die Farce der Buberlpartie, unterirdische Angelobungen und unterirdische Reform(ation)en sowie bildungspolitisch die über ein Jahrzehnt dauernde Vakanz des Postens einer Bildungsministerin, ausgefüllt nur durch die Frau Gehrer und schließlich der Umbau des tertiären Bildungssektors in kongenialer Zusammenarbeit zwischen der Industriellenvereinigung und Sektionschef Sigurd Höllinger.
Pfff, lang ist das her.
Was ich damit eigentlich erreichen oder aussagen wollte? Damit, dass ich ein gut zwei Jahrzehnte altes Zitat implizit als gegenwärtige Stellungnahme zum tagesaktuellen Geschehen dargestellt habe?
Ich weiß nicht, ob es nicht bereits auf der Hand liegt …
tu felix austria,
was darfst Du stolz sein auf die Schulpflicht seit 1774
… lautete ein Beitrag aus dem April 07 geschrieben hier im Kellerabteil. Der Beginn einer geplanten Serie zur gesellschaftlichen Funktion der Schulbildung. (Bin etwas im Rückstand, erst vier Teile.)
Die Realität österreichischer Debatten über Bildung, Schule, Universitäten und den Reformbedarf in diesen Bereichen scheint mir eine Konstante aufzuweisen. “Wir” sind gebildet. “Wir” sind Kulturnation. “Wir” sind Zivilisation.
Mein Gott, was besser machen kann man immer, aber wir sind ja bitte nicht schlecht. Immerhin haben “wir” bitteschön, das heißt, es hat unsere große Kaiserin Maria Theresia die Schulpflicht eingeführt, und zwar 1774 schon, wo die meisten anderen Nationen noch lang nicht so weit waren, nicht?, da hatten wir schon ein Bildungswesen.
Mumpitz, schon die Einführung der Schulpflicht 1774 ist Humbug (siehe den ersten Beitrag der Serie) und seit 1934 ist “unser” österreichisches Bildungswesen maximal 2 Schritt nach vorn 2 Schritt zurück gegangen. Die Schulreformen der 1920er Jahre waren in nicht wenigen Gebieten progressiver als das, was in den Debatten 1975 bis 1985 und heute diskutiert wurde.
Alles in allem peinlich.
Alles in allem peinlich. Und möglich, weil die Geschichte ausgeblendet bleibt. Die Geschichte, aus der z.B. dieses Buch grüßt:
Abschließend, bleiben Sie mir gewogen, bleiben Sie auf dieser Frequenz und diesem Kanal, das nächste Zitat zu einer österreichischen Schulreform folgt bestimmt. 😉
2 Antworten auf „Von den Versuchen eine Gesamtschule zu versuchen (Auflösung)“
[…] Gesamtschule” [sic]. Angesichts der Tatsache, dass es sich hier um eine Stellungnahme einer Gegnerin von Schulreformen handelt, die der Allgemeinheit der Bevölkerung zugute kommen sollen, ist dies weder überraschend […]
ist ja hoch interessant was ich gerade gelesen habe und es bestätigt auch meine ganz persönliche Meinung wieder,der Druck der auf unsere Kinder ausgeübt wird in der Schule ist für mich nicht immer nachvollziehbar und schon gar nicht angebracht was da eigentlich passiert.
Vier Monate fehlen von der Schulziet durch Ferien,also bleiben 8Monate,abzüglich,Schikurs,Lehrausgänge,Projektwochen,Berufspraktische Tage,und und und ‚für die reine Wissensvermittlung bleibt wenig Zeit und der Stoff wird deswegen auch nicht weniger,im Gegenteil,binnen kürzester Zeit wird von den Kindern verlangt den Stoff zu beherrschen.Für Wiederholungen und in die Tiefe gehen ist überhaupt keine Zeit mehr im Schulalltag,dies fordert die Lehrer und natürlich auch die Kinder.Stress gemacht wird mit Stundenwiederholungen,Lernzielkontrollen,Schularbeiten,Tests,mündlichen Wiederholungen,Referate,auswendig lernen,.…..
Alltag und Stress für unsere Kinder um sie aufs Leben vorzubereiten,viele klinken sich dabei aus sind die Zeit der Tests und Schularbeitszeit einfach krank,müssen natürlich diese Dinge nachholen und verlieren immer mehr wichtige Zeit im Schulalltag dabeizusein.
Was kommt dabei heraus,schlechte Noten,Frust,Angst vor der Schule,Angst vor den Lehrern,Angst vor Schularbeiten.
Motivierte geliebte Lehrer können sehr viel wettmachen bei den frustierden Kindern,ansonsten bleibt der Schrecken der Zensur wohl ein Lebtag lang bestehn.